Der Kren – in manchen Gegenden als Meerrettich aus der Familie der Kreuzblütlern (Brassicaceae) bekannt – gehört zu jenen unscheinbaren Wurzeln, die erst beim Reiben ihr wahres Wesen offenbaren. Außen schlicht, fast schüchtern, und doch erfüllt von einer Schärfe, die Tränen löst und zugleich wachrüttelt wie ein Wintersturm über karger Flur. Seit Jahrhunderten gilt er als kraftvolle Wurzelpflanze der Volksküche und Volksheilkunde, ein scharfes Gewürz mit überraschend tiefer Tradition. In alten Dorfgeschichten galt er sogar als Glücksbringer:
„Ein Stück getrocknete Wurzel in der Geldbörse sollte verhindern, dass der Beutel leer wird.“
Ob wahr oder nicht – die Wurzel trägt seit Jahrhunderten ein wenig Erdmagie in sich.
Die Pflanze selbst ist robust: große, sattgrüne Blätter, eine straffe, helle Wurzel und ein Temperament, das erst beim Reiben erwacht. Kren wächst an sonnigen bis halbschattigen Orten, liebt nährstoffreiche Böden und schenkt seine Wurzelkraft ab dem Spätherbst. Kren ist hartnäckig – wer ihn einmal im Garten gesetzt hat, darf sich über jahrelangen Nachwuchs freuen.
Inhaltsstoffe der frischen Wurzel:
- Schwefelhaltige Senfölglykoside (Glucosinolate: Sinigrin, Glukonasturtiin)
- Rhodanverbindungen
- Kalium, Kalzium, Eisen, Magnesium
- Vitamin C, B1, B2, B6
Inhaltsstoffe der getrockneten Wurzel:
- 0,1–1,4 % flüchtige Senföle (v. a. Allylsenföl)
- Vitamin C
Hinweis:
Glucosinolate wirken am stärksten im frischen Zustand. Mit der Trocknung entsteht zwar Senföl, jedoch mit abgeschwächter Gesamtwirkung.
Traditionelle Wirkprofile (aus der Fachliteratur und der Erfahrungsheilkunde)
- antimikrobiell
- antiviral
- fungistatisch
- durchblutungsfördernd
- schleimlösend
- appetitanregend
- verdauungsfördernd
- äußerlich: stark wärmend (hyperämisierend)
(Diese Angaben stammen aus der Erfahrungsheilkunde und den Monografien und ersetzen keine medizinische Beratung!)
Anwendungsfelder nach traditioneller Überlieferung
In der traditionellen Mitteleuropäischen Volkskunde wurde Kren mit Kraft, Schutz und Reinigung verbundenen.
Erfahrungsheilkunde:
- Man sagte ihm nach, dass seine Schärfe „böse Winde“ vertreibt.
- In Bauernküchen galt er als Winterstärkung, wenn frisches Gemüse rar war.
- In Ritualen wurde er gelegentlich verwendet, um „Schlappheit und dunkle Gedanken“ bildlich zu zerschneiden – ein poetisches Bild für seine energetische Wirkung.
- Erkältungskrankheiten (Bronchitis, Tonsillitis, Sinusitis)
- grippale Infekte
- Harnwegsbeschwerden
- Verdauungsträgheit, Völlegefühl
- Muskelverspannungen (äußerlich)
Nach Monografien:
- Katarrhe der oberen Luftwege
- Adjuvant bei Harnwegsinfekten
- äußerlich zur Durchblutungsförderung
Der Meerrettich ist eine Wurzel, die unter der Erde schweigt und doch mit jeder Faser von Feuer erzählt. Eine Pflanze für klare Luft, klare Gedanken und jenen Wintergeist, der uns durch dunkle Monate trägt – seit Generationen und darüber hinaus.
Mythologische Seite
Der Meerrettich wurde in manchen Regionen als „Feuer unter der Erde“ bezeichnet – ein Sinnbild für verborgene Kräfte. Seine Schärfe galt als Zeichen dafür, dass auch in der Stille der Wurzel eine wilde Energie wohnt. Ein schönes Bild für jene Wintertage, an denen uns ein Funken Lebenskraft gut tut.



